Influencer Relations geht nur ohne Gießkanne

Die Besonderheit von Influencer Relations ist die individuelle Ansprache. Wer Beeinflusser für sich, sein Unternehmen und seine Nachrichten gewinnen will, sollte sie nicht per „Gießkanne“, also Verteiler, ansprechen. Der persönliche Kontakt ist hier der Schlüssel zum Erfolg.

Als ich 1989 mit der Öffentlichkeitsarbeit begann, verschickte man seine Pressemitteilungen noch an Verteiler mit bis zu 1.500 Einträgen und wenn man besonders gut sein wollte, dann lieferte man zwei Versionen des Textes, nämlich eine Kurz- und eine Langvariante. Die Kurzvariante war für Agenturen, Magazine und Tageszeitungen, die Langversion für die Fachzeitschriften.

Auch wenn es gegenüber den Auftraggebern gerne anders behauptet wurde, hatten die meisten PR-Schaffenden keinen guten Kontakt zur Mehrzahl der angeschriebenen Journalisten. Ja, man hatte seine Spezies, persönliche Freunde von der anderen Seite des Schreibtisches, aber die Mehrheit kannte man so gut, dass man sie auf der Straße kaum erkannt hätte.

Natürlich hatte das damals dennoch eine gewisse Effizienz. Wer ein großes Unternehmen oder eine starke Marke vertrat, brauchte nach dem Versand einer ordentlich verfassten Pressemitteilung einfach nur ein paar Tage zu warten und dann flatterten die Clippings in Massen ins Haus.

Influencer Relations als Beschreibung gab es damals noch nicht, man bezeichnete das als Kontaktnetzwerk zu einflussreichen Personen. Dazu gehörten die Politik, die Verbände, Wettbewerber und herausragende Personen aus der Wirtschaft.

Pressearbeit funktionierte gut. Heute erleben das PR-Schaffende oft anders. Ist der Inhalt der Pressemitteilung zwar intern als wichtig eingestuft, heißt das noch lange nicht, dass sich draußen dafür eine Menschenseele interessiert. Wer solche Texte dann über die noch immer vorhandenen Verteiler verschickt, schadet dem Unternehmen eher. Denn langweilige Pressemitteilungen gibt es nach wie vor zu oft. Das liegt daran, dass manche PR-Schaffende nicht das Rückgrat haben, auch Themen intern abzulehnen. In der Folge führt das dazu, dass Pressemitteilungen dieser Absender dann oft ungelesen in den Mülleimer verschoben werden.

Heute muss ich anders vorgehen. Klar, ich bin und bleibe der Vertreter eines Unternehmens oder einer Organisation, aber ich kann dennoch (so wie gegenüber den Journalisten) als fairer Partner und kompetenter sowie wertvoller Gesprächspartner wahrgenommen werden.

Das bedeutet aber auch, dass ich rausgehen muss. Ich muss die Influencer persönlich treffen und kennenlernen. Und ich muss ihnen etwas bieten. Etwas Besonderes. Zum Beispiel ein Gespräch mit dem CEO, ein Einblick in die Entwicklung eines neuen Produktes. Dazu gehört im Bereich der Elektronik und Mobilkommunikation auch die Stellung von Testgeräten. Eventuell auch die Teilnahme an besonderen Events. Klingt nach bewusster Beeinflussung? Nun ja, man könnte es so sehen. Allerdings sind die bekannteren Influencer auch so stark eingespannt, dass das, was andere als Beinflussung sehen könnten, für sie normale Arbeitszeit darstellt.

Ich kann auch fragen, was sie über dieses oder jenes denken und so einen Dialog starten, von dem beide profitieren können.

Sind Influencer Relations neu?

Tatsache ist, dass sich an der grundsätzlichen Vorgehensweise in der Öffentlichkeitsarbeit nicht allzuviel geändert hat. Ist Infuencer Relations deshalb alter Wein in neuen Schläuchen? Ja und nein. Wer für einen Auftraggeber kommuniziert, muss vor Allem interessante Themen bieten. Heute nennt man das Story-Telling – und er muss die für seine Organisation wichtigen Menschen als Multiplikatoren erreichen. Das passiert heute individueller und somit werden die Zielpersonen für die Kommunikation zwar in ihrer Gesamtheit nicht weniger, ganz im Gegenteil, aber die Ansprache verläuft anders.

Hinzugekommen sind Gruppen wie Blogger, Videouploader, facebook-Aktive und noch einige Gruppen mehr – weil heute jeder in der Lage ist, sich mit guten Inhalten auch ohne Medienfirmen selbst einen Namen zu machen und Leser, Zuschauer und Fans zu gewinnen.

Influencer Relations gehören zu Public Relations als Teildisziplin – sie erfordern Zeit und Geduld – und sie sind am Anfang nicht so effektiv. Auf mittlere Sicht jedoch werden sie gleichrangig mit der traditionellen Pressearbeit stehen und diese langfristig sogar in der Bedeutung für Unternehmen, Parteien und Organisationen überholen.

Markus Burgdorf, Avandy GmbH

 

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